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Tattoos, Kinder, bunte Haare

Die Zecke – Gastbeitrag von RRSue

Ich höre, wie sich eine Tür im Hausflur öffnet und halte die Luft an, vier auf der Ferse gelaufene Schritte, es klingelt an meiner Tür. Einmal. Eigentlich wie jedes Wochenende. Meine Gedanken schwirrten gerade noch um irgendwelche medizinischen Begriffe, da ertönt das aussaugende Geräusch, meine Nackenhaare stellen sich auf, der Körper verfällt in eine Abwehrhaltung als würde mir ein wildes Tier auf meiner Jagd begegnen. Ich atme tief aus, zähle langsam bis zehn und es klingelt wieder bei sechs. Stimmt, so groß ist meine Wohnung auch nicht.

Nachdem ich den Fehler machte, die Tür zu öffnen, überrollt mich dein egozentrisches Gelaber. Mein gelangweiltes Gesicht sollte dir doch zeigen, wie sehr mich interessiert, was du zu erzählen hast – und warum hast du mich eigentlich am Anfang deines Monologs gefragt, wie es mir geht?
Meine Antwort ist bei dir immer die gleiche: „Müde und ich muss viel lernen“ – meine Tür geht dabei auch schon wieder zu, aber deine Aura stößt sie wieder auf und lässt mich resigniert an den Türrahmen fallen.
An schlechten Tagen verliere ich so mindestens 15 Minuten meiner Lebenszeit. In Anbetracht der Tatsache, dass ich gleich nach unserem „Gespräch“ einen tödlichen Unfall im Haushalt haben könnte, finde ich das ziemlich viel Zeit. Ich bin derzeit ca. 20.151.360 Minuten alt. Davon hast du mir, seit ich hier wohne, allein auf diese Weise mindestens 2.340 Minuten geklaut, das sind 1,63 Tage. Sinnlos verplemperte Lebenszeit. Für mich! Denn dir hat es ja sicherlich gut getan, mir dein – für mich übrigens uninteressantes Leben – anzuhören.
Du hast mir gezeigt, dass es nicht nur graue Herren gibt. Kassiopeia wird ihren Schnupfen gar nicht mehr los, so kalt ist es und mich hast du schon soviel Kraft gekostet, dass ich den Weg fast nicht mehr alleine schaffe.
Du saugst mich aus, du bist mein menschlich gewordener freier Radikale, du bist die Zecke in meinem Kopf. Ich hasse Zecken so sehr wie ich Spinnen ekelhaft finde. Wobei Spinnen wenigstens einen Nutzen haben.
Ich weiß nicht, wie es soweit kommen konnte, ich weiß auch nicht wieso eine einzelne Person einem so viel Energie rauben kann, aber du, auch wenn du es nicht weißt, hast es geschafft und schaffst es immer wieder mich auszulaugen, meine ersten Falten gehen dann auf dein Konto.

Heute aber, nach der letzten Nacht, in der du mir den Schlaf geraubt hast – aber das ist eine andere Geschichte – klingelst du vergeblich. Ich öffne nicht, lasse mich nicht von dir im Lernflow stören. Es tut gut und zaubert mir tatsächlich, nach der üblichen Körperreaktion, sogar ein Lächeln aufs Gesicht. Als du endlich aufgibst, höre ich, wie du mit jemandem sprichst, und mitteilst, dass ich wohl nicht zu Hause bin. Doch, bin ich, aber ich will dich heute nicht sehen, hören und mich schon gar nicht ausnutzen lassen.
Gleich muss ich in den Keller, ich bin gespannt, ob ich es schaffe, so leise dabei zu sein, dass du mich nicht bemerkst.
Aber vielleicht arbeite ich auch einfach mal an meiner Antwort, führe selbst einen Monolog unterbreche mich selbst dabei in jedem zweiten Satz und knalle dir dann die Tür vor der Nase zu!

2 Kommentare

  1. jill

    28. April 2018 at 09:41

    to be continued

  2. O bitte führe diesbezüglich eine Versuchsreihe durch und lasse uns wissen, wie die Erfolgsquote ist!

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