Das Vorschulkind träumt rege. Es redet tagsüber viel und macht im Schlaf damit weiter. Heute morgen wundert es sich: Im Traum habe ihm die Oma eine tote Wespe in den Mund gelegt.

Mutti wundert sich nicht. Der längst leblose Stechmechanismus der väterlich-omanergen Biographie wird, ob aus Gewohnheit oder Dummheit weiß man nicht, passiv-manuell weiterbetrieben. Was wäre man denn auch ohne Erbschuld und -leid? Wie wichtig ist ein Mensch ohne so aufwändig wie unauffällig gehegte Probleme, Feinde, Hindernisse?

Siehste.
Die jüngste Generation wird also schon mal im Umgang mit den erblich bedingten Schmerzen und Aufrechterhaltung der Folgeinfektionen geschult. Lebenstüchtig gemacht, denn was einen nicht umbringt, macht härter! Nee. Sensibler. Und leistungsfähiger! Anerkennungswerter! So rum meinen die das, glaub ich.

Dabei, so fürchte ich, hat sich bei den noch lebenden Vorfahren längst ein emotionaler Wundstarrkrampf entwickelt, der mir schon beim Hingucken weh tut, aber den Betroffenen selbst noch nicht ins Bewusstsein gedrungen ist. Deswegen gucke ich nicht mehr so viel hin, sondern konzentriere mich ganz auf das Impfen meiner Nachkommenschaft. Die aber widerum fängt langsam an, schonungslos hinzugucken. Der transgenerationale Enthüllungs- und Entlarvungsschmerz, so hoffe ich doch, wird erheblich kürzer und nebenwirkungsärmer als der immerwährende, verkapselte Giftstachel. Ich spritze schonmal Gegengift.